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Kinesiologie beschrieben im Kontext

Kinesiologie mit KindernBeobachtungen aus der Praxis – Anregungen für die Praxis.

Immer mehr Kinder fallen heute im Kindergartenalter durch sogenannte „Wahrnehmungsproblematiken“ und „Entwicklungs-verzögerungen“ auf. Augen und Ohren haben keinen medzinischen Befund, doch in der Verarbeitung des Gesehenen und Gehörten scheint es Probleme zu geben. Die Eltern sind hilflos, die Institutionen Kindergarten und Schule meist auch. Therapeutische Maßnahmen greifen in manchen Fällen, oft aber auch nicht, besonders wenn Therapie und Elternhaus unverbunden bleiben.

Das Touch-for-Health-System wurde von Dr. John F. Thie ursprünglich entwickelt, um den medizinischen Laien ein einfaches, leicht erlernbares System an die Hand zu geben, mit dem sie ihr Wohlbefinden und ihre Gesundheit stärken können.
40 Jahre nach der Entwicklung der ersten TfH-Kurse sehe ich als Pädagogin im Touch for Health eine ganz besonders aktuelle Chance als Selbsthilfe-Methode für die Arbeit mit Kindern und Eltern.

Der Muskeltest wurde ursprünglich als Technik erfunden, um Ungleichgewichte im Körper aufzuspüren: ein Feedback des Körpers in der Sprache des Körpers. In der Arbeit mit Kindern mit Wahrnehmungsthematiken liegt m.E. in diesem Prinzip und dieser Kommunikationsform eine heilsame und ordnende Wirkung, jenseits aller Tiefentests und Zielformulierungen: 
Die in unserer Gesellschaft vernachlässigten körpernahen Basissinne in der Erlebniswelt der Kinder (Haut-, Tast-, Eigenwahrnehmung, Gleichgewicht) rücken bei jeder TfH-Balance in den Vordergrund. Die anderen, meist überbeanspruchten Sinne wie Sehen und Hören (Verstehen und Sprechen) werden in TfH-Balancen untergeordnet und gleichzeitig eingebunden.

Ich kann in meiner Praxis über die Arbeit mit einfachen TfH-Balancen in Kombination mit Spielen, Singen und Malen sehr schöne Fortschritte bei Kindern beobachten. 
Das Folgende ist ein Erfahrungsbericht und reflektiert die Chancen des Touch-for-Health zur Integration der Sinne aus meiner Sicht.

 

Zur Ausgangssituation in der Arbeit mit kleinen Kindern und ihren Eltern:

Zu mir kommen mehr und mehr Eltern mit ihren drei- und vierjährigen Kindern, die im Kindergarten auffallen: sie setzen das Gehörte nicht um, merken sich Dinge nicht,  sind unkonzentriert oder abwesend und mit Worten in ihren „Phasen“ nicht  zu erreichen. In Kindergruppen sind sie oft  schwer integrierbar und haben regelmäßige „ihre Ausraster“. Sie sind berührungsüberempfindlich oder scheinen Schmerzen gar nicht zu spüren. Sie fallen durch motorische Unruhe auf oder weil sie sich zu wenig beteiligen.
Die Eltern kommen mit und ohne Diagnosen für ihre Kinder, besonders aber  weil sie mit ihrer Kraft am Ende sind, große Ängste haben  und sich vom Feedback der Erzieherinnen bzw. der Großfamilie stark verunsichert fühlen. Bei Beginn der Zusammenarbeit ist der Stresslevel im ganzen Familiensystem sehr hoch. Lösungen, auch mit den Kindern, werden über Worte und mentale Strategien gesucht.

Wie ich mit diesen Kindern arbeite:
Viele Kinder mit Wahrnehmungsthematiken sind  für mich zunächst nicht im klassischen Sinne „testbar“. Den Muskeltest einzuführen ist ein Weg in Schritten. Am Anfang stehen Spiele: an der Malwand, auf dem Trampolin, auf der Turnmatte, auf der Liege. Diese dienen dem Kennenlernen, der Raumerkundung und für mich der Beobachtung der spontanen Bewegungsmuster und Vorlieben. In den ersten zwei Stunden (meist nur 30-min. Sitzungen) lasse ich das Kind führen und folge ihm bestätigend, rückversichernd  und mache meine Grenzen und die des Raumes in einer sehr entspannten Atmosphäre klar. Spielerisch setze ich auch den Muskeltest (halten – locker lassen) ein, um ein Gefühl für den Muskeltonus zu bekommen und auszuloten, wie das Kind auf Berührung reagiert. In Tierspielen (Mamabär – Babybär) erkunde ich weiter, ob das Kind Anweisungen der Mama (z.B. wie Fische gefangen werden) umsetzt und befolgt und wie es sich im Raum und zur Bezugsperson im Spiel verhält.

Ich fange mit dem kinesiologischen Testen mit kleinen Kindern erst an, wenn ich das Gefühl habe, dass sie sich im Raum und mit mir sicher fühlen und wir ritualisierte Wohlfühlaktivitäten als Anker haben, auf die wir uns immer wieder beziehen können (Wohlfühlen und Entspannung sind m.E. der wichtigste Schritt in der Vorbereitung für neues Lernen, wenn es irgendwo hakt.).Körperzeichnen

In den Spielen lassen sich bevorzugte Körpermuster, aber auch Unsicherheiten leicht beobachten (Ungleichgewichte zwischen rechts und links, oben-unten, vorne-hinten). Der Übergang zum Touch-for-Health entwickelt sich oft aus Tier-Spielen:  das Tierkind wird von der Tiermama gekrault (NL-Massagen), beruhigt (NV-Halten von Punkten)  und neue Bewegungen werden gelernt (z.B. schnelles Treten – Testbewegung Dünndarm-Meridian + Korrekturen). Manche Dreijährigen verstehen sofort die Arbeit mit den Testmuskeln und haben Spaß daran. Mit ihnen kann man Schritt für Schritt eine 14-Muskel-Balance durchführen.*  

Andere Kinder sind lange nicht im eigentlichen Sinne für mich „testbar“. Sie halten entweder immer oder gehen in chaotische Bewegungsmuster und den Widerstand. Sie wollen sich rausdrehen, weil sie in den präzisen und im rechts-links separierten  Muskeltestbewegungen Schwierigkeiten haben. In der Arbeit mit diesen Kindern auf der Testliege kann ich sofort das Problemverhalten beobachten, das sich im Alltag in so vielen Situationen zeigt: körperliche Unsicherheit und Überforderung triggern das Weglaufen, Rauswinden, die Verweigerung, das Um-sich-schlagen. Andererseits haben diese Kindern sehr früh gelernt, sich über chaotische Verhaltensweisen zu entziehen und ihren Willen durchzusetzen.

Um an den körperlich-strukturellen Unsicherheiten kinesiologisch ansetzen zu können, ist m.E. ein erzieherisches Thema vorab zu klären. Wir treffen Vereinbarungen und klären die Zusammenarbeit, oft nonverbal über Vorgaben, die ich mache:  Das Kind darf Wünsche einbringen und hat Wahlmöglichkeiten im Detail, ich entscheide aber über den Ablauf der Sitzung und wann ich Wahlmöglichkeiten anbiete und wann nicht. Die Eltern wundern sich meist, wie entspannt ihr Kind in der Stunde mit mir und danach ist und wie es selbstverständlich Dinge macht, die es im Kindergarten oder zu Hause nicht so machen würde.
Stück für Stück arbeite ich an einzelnen Testmuskeln einer kompletten Balance: ZG, GG, Ma, MP sind die ersten Mediane mit ihren Testmuskeln, die relativ einfach zu klären sind. Die Testbewegung für den Dü-Meridian (Quadrizeps) auf der Liege löst oft chaotisches Strampeln aus, aber auch schon bei den Kleinen die Erkenntnis „der andere will immer mit hoch“ (o-u-Dimension, oft einseitiges Ungleichgewicht). Darüber lachen oder staunen wir und probieren aus, wie Loslassen und Schwerwerden auf jeder Seite geht. Das Loslassen und Entspannen ist die Herausforderung. Den „schlappi“ Muskel zulassen ist m.E. ein Akt des Vertrauens, ihn zu beobachten, wie er „stark“ wird, eine Körpersensation und Erkenntnis. Es hat eine enorme Wirkung, dem Kind zu spiegeln, dass es sehr sicher weiß, wie lange Akupressurpunkte gehalten werden müssen und dass es dies selbst tun kann. Eigenwahrnehmung und Selbstsicherheit bauen sich so auf.


Als ich anfing, das Touch-for-Health-System an die Kinder anzupassen, die ich vor mir hatte, war ich mir sehr unsicher, ob es Wirkung zeigen würde, nur in kleinen Schritten und meist intuitiv mit  einzelnen Bewegungen bzw. Meridianen zu arbeiten. Heute sehe ich klar, dass sich über das sich wiederholende Ritual dieser kleinschrittigen Arbeit ganz vieles klärt – ohne dass ich als Kinesiologin im Einzelnen genau weiß, was sich ordnet. Positives Feedback zum intellektuellen und sozialen Verhalten des Kindes gibt es meiner Erfahrung nach spätestens zu dem Zeitpunkt, wenn das Kind  eine 14-Muskel-Balance durchhält und diese genießt.

Elternarbeit – Elternkurse:

Die Eltern der kleinen Kinder, mit denen ich arbeite, sind immer mit im Raum. Oft sind sie sehr erschöpft, und dann dürfen sie, während ich mit dem Kind arbeite, ein Mittagsschläfchen auf meinem Praxissofa machen. Oft aber sind sie aktive Partner in Balancen, halten Punkte während Korrekturen, führen die passiven Bewegungen der Kinder als „Außenmotor“ aus und steigen in Rollenspiele mit ein. Das Schönste dieser Arbeit ist für mich, dass die Freude an den kleinen Lernschritten und somit die positive Verbindung zwischen dem Kind und seinen Eltern in den Vordergrund rückt. Die meisten Eltern nehmen das Angebot wahr, eigene stressbesetzte Themen in Einzelbalancen zu bearbeiten, und empfinden es als hilfreich, das Prinzip der notwendigen Verlangsamung und Körperorientierung in der Kommunikation mit dem Kind Zuhause umzusetzen.

Mir schwebt im nächsten Schritt  vor, Touch-for-Health-I+II-Kurse speziell für diese Elternzielgruppe anbieten, im Wissen, dass die Eltern mit diesem kinsiologischen Basissystem zur Selbsthilfe nicht nur ihr Kind, sondern sich gegenseitig unterstützen können.

Reflexion Touch-for-Health mit kleinen Kindern: 
Wenn die Kinder mit o.g. Herausforderungen kommen und sie für mich im kinesiologischen Sinne nicht „testbar“ sind, habe ich keine überzeugenden Erfahrungen mit dem Surrogat-Test gemacht. Die klare Wirkung blieb aus.
Ich glaube, dass die innere Beteiligung und Motivation der Kinder der Türöffner für diese Arbeit ist. Ohne diese kann die Wirkung von guten Angeboten offenbar nicht ankommen.

Die zweite wichtige Voraussetzung für das Gelingen der kinesiologischen Arbeit scheint mir die geklärte Beziehung: Das Kind vertraut mir als „Großer“. 
Innere Ordnung kann m.E. nur entstehen, wenn strukturierende Prinzipien erfahren, angenommen und eingebaut werden. Dazu gehört auch, dass das Kind seinen Platz weiß und sich sicher fühlt. Viele Eltern verstehen in der Zusammenarbeit allein durch das Zuschauen, dass es eine Überforderung für das Kind bedeutet, ihm zu viele Wahlmöglichkeiten zu geben und zu wenig klar vorzugeben. Eltern lernen in den kinesiologischen Balancen über das Zuschauen und im konkreten Tun.

Erzieherische und strukturelle Aspekte gehen in der beratenden Arbeit mit Kindern Hand in Hand, liegen aber auch m.E. im Touch-for-Health-System immanent begründet:  In der Arbeit auf der Testliege ist der Erwachsene der Große, das Kind erfährt sich als klein, aber gehalten und geborgen in der Aufmerksamkeit des begleitenden Erwachsenen. Allein die Haltung auf der Liege triggert in meinen Augen Erinnerungen  an eine frühere Entwicklungsstufe, das Babyalter. Das Kind schaut zum Erwachsenen auf, der Rücken ist stabilisiert, die Kommunikation ist sehr körpernah. Berührungen stehen im Vordergrund, akustische und visuelle Reize ergeben sich aus der Interaktion: dem Gespräch und dem umgebenden Raum mit seinen Angeboten.
Ich vermute, das Touch-for-Health-Setting und die Ethik des begleitenden Modells stimuliert, was Kinder brauchen, deren Wahrnehmung noch nicht ausgereift und integriert ist:

•    körperliche Nähe zu einer Bezugsperson
•    Eigenwahrnehmung
•    Wachheit und Neugier, auch im Anknüpfen an frühkindliche Erfahrungen
•    angenehme Berührung während des Sprechens
•    viel Blickkontakt in der Zusammenarbeit
•    Bestätigung der eigenen Wahrnehmung, gespiegelt werden
•    Gestaltungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten
•    die Erfahrung von Grenzen und sicherer Begrenztheit
•    das Prinzip der Verlangsamung und Reduktion auf das Wesentliche
•    die Erfahrung von Aktiv und Passiv, Geben und Nehmen
•    Wiederholung und Verlässlichkeit

Die TfH 14-Muskel-Balance (fix-as-you-go) ist  meiner Erfahrung nach ein wunderbares Lernsystem mit eingebauter Strukturierungshilfe. Das Kind lernt, rechte und linke Körperseite getrennt anzusteuern, das Oben und Unten, Vorne und Hinten wird geklärt. TfH verhilft zu einer besseren Ganzkörperorganisation.  Es lehrt, in Schritten zu lernen und schließlich auch, eine Balance durchzuhalten. Es lehrt, dass die Kommunikation über den Tastsinn und Muskeltest ein Genuss ist.

* In meinem Vortrag beim TfH-Kongress in Basel April 2011 stelle ich im Praxisteil verschiedene kreative Möglichkeiten vor, die Aufmerksamkeit der Kinder in den Balancen zu wecken und die innere Beteiligung aufrecht zu erhalten: ● Arbeit mit Testmuskeln + großformatiges Malen, ● Testmuskeln bekommen Töne, ● Korrekturen mit Fingerpüppchen oder mit Schwertern

 

Literatur: 
Irmtraud Große-Lindemann: Das Lernhaus-Konzept – genial einfach lernen im Alltag, Freiburg 2008
Jirina Prekop: Der kleine Tyrann, München 2006
John F. Thie/Matthew Thie: Touch for Health – Standardwerk, Freiburg 2006
Renate Wennekes/Angelika Stiller: Entwicklungskinesiologie Kurs 2: Integration unserer Sinne, Damme 2007
Renate Wennekes/Angelika Stiller: Entwicklungskinesiologie Kurs 6: Integration der Motorischen Entwicklung, Damme 2007
Michael Winterhoff: Warum unsere Kinder Tyrannen werden, Gütersloh 2008
Renate Zimmer: Handbuch der Sinneswahrnehmung. Grundlagen einer ganzheitlichen Bildung und Erziehung, Freiburg 2005

Lisa Rudigier 
ist Lehrerin und Kunstpädagogin mit langjährigen Erfahrungen mit Kindern im Grund- und Vorschulbereich. Heute arbeitet sie als Begleitende Kinesiologin in Eppstein-Bremthal.

 

geschreiben von Lisa Rudigier

 

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